Landtagsbrief Nr. 31
Inzwischen bin ich am Gardasee, wo ich eine Woche mit meiner Familie verbringen werde.
Beim Wechsel über die Alpen wurde mir wieder bewusst, wie wunderbar die kulturelle Vielfalt Europas ist. Ein paar hundert Kilometer: Und schon sprechen die Menschen anders, kleiden sich anders, denken und fühlen sogar anders.
Diese Vielfalt ist immer unsere Stärke gewesen, aber sie kann auch eine Schwäche sein. In einer Zeit, in der Riesen-Staaten wie China die Weltbühne beherrschen, droht Europa unter die Räder zu geraten – wenn wir uneinig sind.
Unter die Räder geraten wir aber auch, wenn wir uns unseres eigenen Wertes nicht bewusst sind. Über Jahrhunderte hielten wir Europäer uns für grundsätzlich überlegen. Aus heutiger Sicht: beschämend, sogar rassistisch.
Inzwischen hat sich das aber ins andere Extrem verkehrt. Wir schlagen uns ständig selber auf die Brust. Wir sprechen von den Verbrechen des Kolonial-Zeitalters so, als hätten nicht alle Völker und alle Kulturen zu allen Zeiten einander bekriegt und unterdrückt. So, als wären wir die einzigen gewesen.
Im Gegenteil: Von Europa ausgehend, hat zum Beispiel die Ächtung der Sklaverei weltweit unzählige Menschen befreit. So wie auch die wissenschaftlich-technischen Entwicklungen Europas Milliarden vor dem vorzeitigen Tod bewahrt haben.