Kristan v. Waldenfels

Mitglied des Bayerischen Landtags

Deutscher Starrsinn

Landtagsbrief Nr. 30

Wie im letzten Jahr bin ich auch heuer wieder mit Freunden unterwegs in den Alpen. – Die Berge regen ja dazu an, die Gedanken ins Weite schweifen zu lassen. Zur Zeit ist es Deutschland, das mich beschäftigt. Insbesondere: Warum fällt es unserem Land immer wieder so schwer, sich zu reformieren?

Die berühmte deutsche Gründlichkeit hat viele Vorzüge. Man gibt nicht einfach auf, sondern führt eine Sache unbedingt zu Ende. Man hält durch. Was aber, wenn das ursprüngliche Ziel unsinnig geworden ist? Man nur noch durchhält um des Durchhalten willens? Dann wird das Durchhalten zu Starrsinn. Zu Verbohrtheit.

In den 70er Jahren waren es die Kräfte rechts der Mitte, die nicht von alten Vorstellungen lassen wollten. Gleichberechtigung der Frauen, vollständige Entkriminalisierung der Homosexualität, Aussöhnung mit Polen: Immer wieder bremsten sie oder waren dagegen.

Inzwischen sind es die Kräfte links der Mitte, die sich dem notwendigen Wandel verweigern. Asylrecht, öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Bürgergeld: Ihr Starrsinn hat ungute Konsequenzen. Er bremst den notwendigen Wandel. Und er befeuert radikale Kräfte.

Wie können wir es besser machen? Wir alle müssen uns immer wieder klar machen: Es ist zwar eine deutsche Stärke, dass wir nicht leicht vom Weg abzubringen sind. Es ist zugleich aber auch eine deutsche Schwäche. Das wird besonders dann offensichtlich, wenn Reformen dringend notwendig sind. So wie jetzt.

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